Eine recht eigentümliche Zusammenstellung, die da im changierenden Disco-Licht ein wenig leichtfertig (so scheint es zumindest) gefeiert wird. Jene Effekt-Zugewandtheit beschreibt aber nur eine alltägliche Erfahrung: die endlosen Hommagen an jede Art ironisierender Trash-Kultur.
Dabei lässt die Einladungskarte zur ersten gemeinsamen Ausstellung von Claus Richter und Oliver Tepel ein ganz anders Sujet vermuten, präsentieren die beiden Photographien doch die nächtliche Fassade des Musée Carnavalet und eine Innenansicht des Musée Grevin, beides bekannte Einrichtungen der Stadt Paris, wenn auch ein wenig außerhalb des kunstspezifischen Interesses. Trotz des beeindruckenden Spiegelsaals von Eugène Hénard, bleibt das Musée Grevin als Wachsfigurenkabinett eher im Fokus touristischer Vergnügungen und auch das Pariser Stadtmuseum Carnavalet verzichtet auf durchaus naheliegende Highlights.
Stattdessen wurde es einst zum sozialhistorischen Archiv der französischen Revolution, zeigte sie im Volk begründet, wie 1924 Kurt Tucholsky nach einem Museumsrundgang schrieb: „Wie sorgfältig die geistige Vorbereitung dieser Umwälzung gewesen, wie tief das Gefühl einer Veränderung in das allgemeine Bewußtsein gedrungen sein muß, dafür gibt es ein untrügliches Zeichen: was sich der Bürger zu Hause an Aktualitäten aufhängt, daran glaubt er wirklich. Und ob sie geglaubt haben!“ (Ignaz Wrobel (aka K.T.) in: Die Weltbühne, 26.06.1924, Nr. 26″)
Insofern wäre der nachhaltigste Ort eines Museums der Shop, in dem der Besucher zum tätigen Kunden wird und nach Abbildern seiner schönsten Entdeckungen oder Erkenntnissen sucht. Die Figur, welche auf der Einladungskarte in den Shop des Musée Grevin leitet, verspricht, daß der Besuch nach der Boutique weitergeht. Jene Idee der kleinen Zwischenstopps inmitten einer großen Angelegenheit (was auch immer sie sein mag) gestaltet hier die Arbeiten von Claus Richter und Oliver Tepel.
Etwas mitnehmen, wie nutzlos es auch immer scheinen mag, könnte nach Tucholsky also auch als Selbtveräußerung (im Sinne eines bestellten Selbstportraits) funktionieren. Es geht also nicht um den repräsentativen Gegenstand, sondern um eine Dynamik, welche die Dinge lediglich markieren: Veränderung im präformierten Rahmen. Dabei, so lassen es die Eingepackten in Claus Richters Photographien oder die sinnleeren, gleichwohl bekannt tönenden Ansagen von Tepels Klangaufnahme vermuten, überdeckt das Attribut seinen Besitzer, es verleiht ihm neue Form – die Metamorphose des glücklichen Kunden.
Es wäre so, als würde man seinen Glauben an das kapitalistische System vom Erfolgserlebnis des letzten Bankbesuchs abhängig machen – was möglicherweise sogar zutrifft. Doch wäre nach dem Verlasen des Schalterraums die selbe Frage evident, welche das Schild des belesenen Hellebarden im Musée Grevin aufwirft: Was für ein Besuch geht weiter? Der Galerienrundgang? Der grosse Spaß? Das Leben? Mit einem freundlichen Lächeln verbreiten Richter und Tepel die beunruhigende Assoziation einer endlos determinierten Lebensgestaltung. Ob sie’s wissen?