Bradley Davies & Jasmin Werner | Second Hand Emotion

 

Opening: Thursday, 12 March 2020, 7 – 9 pm

13 March until 11 April 2020

 

 „Er ist wieder zu spät“, sagte sie, als sie versehentlich ein paar Worte aus ihrem Mund ließ. Sie sprach selten falsch und zog es vor, versteckte Methoden wie einfachen Industriekleber, Pigmente und Backutensilien zu verwenden, um ihre Perspektive sichtbar zu machen. Normalerweise setzt er seine Brille auf, nimmt unbehaglich auf einem Stuhl nahe der Wandfläche Platz und konzentriert sich langsam aber stetig darauf, die Pointe für seinen nächsten Witz zurecht zu legen. „Entschuldigung, ich bin zu spät. Der Verkehr war verrückt. Außerdem ist der Ort jetzt praktisch voller Fledermäuse, Fliegen und Landbewohner“, flüsterte er, als er den Raum betrat.

 

Die Idealisierung des Landlebens verbirgt sich in der Poetik des Landes und folgt den Mythen einer stillen Kraft. Diese grundlegenden nostalgischen Strukturen sind in Bildern, Systematiken und kollektivem Wissen kodiert. Bradley Davies und Jasmin Werner arbeiten mit den Ambivalenzen von Natur und Maschine sowie dem idyllischen Porträt einer Vergangenheit, die immer wieder hinter dem fragilen Vorhang der Höflichkeit auftaucht und schaffen einen offenen Dialog über die Themen und die Politik der Nostalgie. Second Hand Emotion  erforscht die Dynamik eines Künstler-Duos, das zusammen lebt und arbeitet. Gleichzeitig nehmen ihr Ausgangsmaterial und ihre Bezugssysteme auch die Form eines zweiten Lebens an: in Jasmin Werners Fall in der Verwendung gefundener, rustikaler Maschinen und bei Bradley Davies in Überlegungen zu seiner Positionierung innerhalb des Rahmens der Malerei.

 

Das Projekt umfasst eine Reihe von Medien und Materialien und besteht aus Gemälden, Skulpturen, Installationen und Zeichnungen. Davies bewegt sich innerhalb des Mediums der Malerei unter Verwendung bekannter Materialien mit Ansätzen aus einer langen malerischen Tradition. Öl auf Leinen und Figuration werden mit scharfem Witz kombiniert, der im Erbe des Konzeptualismus kodiert ist. Dieses neue Werk besteht aus kleinen bis mittelgroßen Gemälden, die sich an der ambivalenten Ikonographie von Natur und Landleben orientieren. Eines der Gemälde zeigt einen alten Hut im Kolonialstil, der mit Heu gefüllt ist, ein anderes porträtiert eine Fledermaus, gerade als sie entkommen will. In einem Schwebezustand zwischen Abstraktion und Figuration befinden sich zwei weitere Arbeiten, die den Betrachter auf die klebrige Oberfläche der Leinwand zurückführt, als Insektenfalle mit gefangenen Fliegen.

 

Jasmin Werners Praxis umfasst Skulpturen, Collagen auf Latex und Installationen mit einer ausgeprägten, forschungsbasierten Logik und spielt gleichzeitig auf die Rituale und die Wissensproduktion vormoderner Gesellschaften an. Für dieses Duo-Projekt arbeitete Werner an neuen großformatigen Skulpturen mit alten Pflügen, die sie überarbeitete und mit Paspelkleber und Pigmenten schmückte, einem Material, das in jedem Baumarkt erhältlich ist. Die Pflüge wurden online gefunden und aus einem nahe gelegenen ländlichen Gebiet in Werners Kölner Studio gebracht. Mit vorsichtigen Manipulationen an den industriell hergestellten Werkzeugen positioniert sie ihre Bedeutungen neu und erstellt eigene Referenzsysteme. Durch diesen Prozess der Umnutzung arbeitet sich Werner durch ein Labyrinth aus Politik und Poesie, das sich durch die unzähligen Geschichten ländlicher Gesellschaften zieht.

 

„Wer braucht denn schon ein Herz, wenn’s dann doch nur gebrochen werden kann?“, dachten sie bei sich, als sie die Treppe hinunter gingen und in das Auto stiegen, das fertig und einsatzbereit war. Es gelang mir, ein Buch aus ihrer Bibliothek mitzunehmen, eines über Macht, Farbe und die unverzeihliche Sünde, schlechte Witze zu erzählen.

 

Haris Giannouras